[Dieses Interview wurde im Rahmen des 20-jährigen Bestehens des Festivals im Jahre 2017 geführt.]

 

Wie kam es damals eigentlich zum ersten SUMMER BREEZE?
Achim Ostertag: Ich hab damals selbst in einer Band gespielt und unser Ziel war es immer auf Festivals zu spielen. Leider gab es zu diesem Zeitpunkt kaum Festivals in unserer Region und so habe ich damals mit meiner Clique ein Festival geplant, bei dem meine Band ‚Voodoo Kiss‘ dann der Headliner war. Da ich allerdings einer der wenigen Volljährigen war, verlief das erste Festival am Ende eher etwas chaotisch – es wurde uns von einigen Älteren aus Motoradclubs auseinandergenommen und die Bar wurde gestürmt. Allerdings: ein paar der Randalierer haben später dann sogar als Ordner beim SUMMER BREEZE gearbeitet und es sind langjährige und gute Freundschaften entstanden.

 

War der Name direkt klar, oder war das ein längerer Prozess? Gab es Alternativen?
AO: Die Namenssuche hat tatsächlich nicht allzu lange gedauert. Wir haben vielleicht so zwei bis drei Wochen nach einem Namen gesucht und waren dann zufällig im Kino, in „Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast“. In der ersten Sequenz fliegt die Kamera übers Meer und die Type O Negative-Version von „Summer Breeze“ ertönt. Irgendwie war da direkt klar, dass unser Festival so heißen wird.

 

Ursprünglich fand das Festival ja in Abtsgmünd statt. Was führte zum Umzug nach Dinkelsbühl?
AO: In Abtsgmünd war das Festivalgelände ab 2002 an seiner Kapazitätsgrenze angelangt, die Kosten stiegen aber trotzdem von Jahr zu Jahr. Als dann noch unsere seitherigen Campingplatz-Flächen in absehbarer Zeit zum Wohngebiet werden sollten, war klar, dass wir uns nach einer Alternative umsehen mussten. Wir haben natürlich zuerst in Abtsgmünd selbst und den umliegenden Gemeinden gesucht, waren auch ein, zwei Mal kurz vor dem Abschluss, aber irgendwie wollte es nicht klappen. Als die Zeit knapp wurde, haben wir unseren Suchradius erweitert und wurden relativ schnell in Dinkelsbühl fündig. Der Umzug war eine Entscheidung, die wir bis heute keine Sekunde bereut haben.

1998 wurde pausiert – was war los?
AO: Nach 1997 haben wir einfach gewartet, bis die meisten im Team volljährig waren. Zudem haben wir durch kleinere Partys unser Minus von 1997 ausgeglichen. Und wir haben 1998 zusammen mit dem Jugendzentrum in Abtsgmünd ein anderes, ein kleines Festival veranstaltet – das Midsummer-Festival.

 

Über die Jahre gab es viele Highlights, aber bestimmt auch so einige Probleme.
Was würdest Du besonders herausheben, was waren Meilensteine des Festivals?
AO: Im Jahr 2000 das erste Open-Air-Festival mit größeren Bands und der erste Kontakt zu Labels wie Metal Blade und Nuclear Blast.
2002 waren wir zum ersten Mal ausverkauft, da gab es aber dann auch die finanzielle Schieflage. In der Folge kam es zum Einstieg von Michael Trengert. Die Begeisterung und das Knowhow des Metal Blade Europa-Chefs waren sofort eine wichtige Stütze für das Festival, und sein Engagement sowie die vielen Kontakte zu Bands und Firmen natürlich auch. 2006 der Umzug nach Dinkelsbühl, der zwar, wie wir immer gewusst haben, richtig war, aber im Rückblick zu kurzfristig kam, so dass wir prompt relativ wenige Besucher hatten. 2007 feierten wir unser 10-jähriges Jubiläum und gleichzeitig das bis dato erfolgreichste Festival. In den Folgejahren haben wir viel in die Infrastruktur und das Gelände in Dinkelsbühl investiert. Und nach der anfänglichen Skepsis etablierte sich der Standort Dinkelsbühl schnell. 2013 folgte der Tod von Michael Trengert, die größte Zäsur und der für uns traurigste Moment in der Geschichte des SUMMER BREEZE. Er war mein Mentor und Freund, und er fehlt uns bis heute an jedem Tag. Dann gab es wieder einen positiven Meilenstein, und zwar das 20-jährige Jubiläum. 2017 war das erfolgreichste Festival, und bei ihm konnten wir auch neue Maßstäbe in Sachen Bühnen setzen.

 

Festival-Veranstalter ist weder Ausbildungsberuf noch Studiengang.
Wo hast Du Dein Wissen her und was sind Deine zentralen Aufgaben?
AO: Beim Popbüro in Stuttgart und bei der ebam Business Akademie in München habe ich am Anfang viele Seminare besucht und meine Ausbildung zum Musik-Kaufmann gemacht. Zudem habe ich nach und nach verschiedene Leute aus dem Business getroffen, viel von ihnen gelernt und so stetig mein Wissen erweitert. Am Anfang musste ich mich um die Planung und fast alle Themen selbst kümmern. Ab 2003 kamen dann weitere Mitarbeiter dazu, und die Aufgaben wurden entsprechend verteilt. Meine Schwerpunkte waren dann erst einmal das Booking der Bands und viele organisatorische Dinge. Mittlerweile leite ich vor allem unsere Firma, bin bei vielen Besprechungen dabei und treffe Entscheidungen.

 

Eine Stärke des Festivals ist die große Bandbreite, da kommen viele Genres zusammen.
Spiegelt sich da auch Dein persönlicher Musikgeschmack wieder?
AO: Es war mir, beziehungsweise uns, immer wichtig, dass möglichst viele Facetten des Metal auf unserem Festival vertreten sind. Natürlich spielen die eigenen musikalischen Vorlieben auch eine Rolle, aber in erster Linie wollen und müssen wir die Besucher glücklich machen. Wenn das Festival dann läuft, bleibt meist leider viel zu wenig Zeit, um auch nur ansatzweise all die Bands zu sehen, die man sich vorgenommen hatte.

 

Im Jubiläumsjahr gab es viele Überraschungen für die Besucher. Am auffälligsten war die riesige neue Bühne mit dem Drehteller.
Wie kam es zu der Idee? Bist Du zufrieden mit den Reaktionen?
AO: Die Idee dazu entstand schon vor gut 15 Jahren. Auf dem alten Gelände in Abtsgmünd war an sich nie genug Platz, um beide Bühnen und die Besucher ordentlich unterzubekommen. Damals habe ich unseren Bühnenbauer mehr so im Spaß gefragt, ob man nicht eine tiefere Bühne mit Drehscheibe bauen könnte, auf deren einer Seite gespielt wird, während gleichzeitig auf der anderen Seite umgebaut wird. Er meinte damals, dass das generell schon möglich sei, jedoch wohl unbezahlbar. Die Idee hat mich nie mehr losgelassen und zum 20-jährigen Jubiläum war es Zeit für die Umsetzung. Neben dem erwarteten hohen finanziellen Aufwand steckte aber auch unerwartet viel Arbeit in der Planung im Vorfeld und bei der tatsächlichen Umsetzung vor Ort drin. Umso glücklicher sind wir alle, dass es so gut funktioniert hat und so gut ankam.

 

Kann man schon absehen, was von den diesjährigen Neuerungen für die Zukunft übernommen wird?
AO: Wir arbeiten bereits auf Hochtouren am SUMMER BREEZE 2018. Die große Drehbühne wird es auch weiterhin geben. Bei den anderen Bühnen spielen wir gerade verschiedene Möglichkeiten durch. Hier bleibt es also noch spannend.

 

Für den Besucher ist ja gar nicht sichtbar, was da an Planungsarbeit hinter dem Festival steckt.
Nenn doch bitte mal ein paar Zahlen…
AO: Wir sind etwa zehn fest Angestellte in der Firma. Wenn das Festival dann läuft, haben wir dazu noch rund 500 Personen direkt bei uns im Team angestellt. Hinzu kommen mehrere Security-Firmen sowie das ganze Personal der Bühnen- und Technikfirmen und das Personal an den Verkaufsständen. Das Gelände hat rund 120 Hektar, und es werden etwa 30 km Bauzaun darauf verbaut. 2017 hatten wir 600 Mobiltoiletten, 300 Spültoiletten und ca. 300 Duschen vor Ort und haben insgesamt 7 Millionen Liter Frischwasser verbraucht. Der Stromverbrauch liegt bei 5,5 Megawatt, wofür wir rund 30.000 Liter Kraftstoff benötigen. Wenn wir den Verbrauch des gesamten Fuhrparks noch dazurechnen, liegen wir bei etwa 50.000 Liter. Und es fallen über 5 Millionen Liter Abwasser und 200 Tonnen Müll an, die entsorgt werden müssen.

 

Zeit für den Griff ins Nähkästchen! Bei so vielen Jahren Festivalbetrieb gibt es doch bestimmt einen ganzen Sack voll lustiger Anekdoten? Erzähl doch bitte ein paar…
AO: Über die Jahre gab es natürlich so einiges… Als erstes fallen mir da immer Pro-Pain ein, die 2002 den letzten Slot auf der Pain Stage hatten und sich so wohlgefühlt haben, dass sie ihr 45-minütiges Set um ca. eine halbe Stunde überzogen haben. Das Publikum feierte sie dermaßen ab, dass sie sich kaum trennen konnten und sogar bierselig mehrfach „Summer Breeze“ angespielt haben. Zwei Jahre später hatten wir dann einen kleinen Sänger mit großer Stimme zu Gast, der nicht nur Champagner auf seiner Cateringliste hatte, sondern auch gerne noch je eine blonde, eine brünette und eine schwarzhaarige willige Dame dazu gehabt hätte. 2014 war dann mit Phil Anselmo, dem ehemaligen Sänger von Pantera, eine echte Legende bei uns zu Gast. Phil Anselmo hat aber schon nachmittags angefangen Weißwein zu kippen, was ihm nicht wirklich bekommen ist, wie das „The drunken Nacht“-Interview von Rockinvasion, das auch immer noch online abzurufen ist, sehr gut dokumentiert hat.

 

Nach dem Festival ist vor dem Festival. Die Planungen für 2018 laufen natürlich längst – und auch das nächste Summer Breeze soll gewiss nicht das letzte sein. Wo siehst Du das Festival in zehn Jahren?
AO: Ich glaube das kann man ganz schwer beantworten. Im Festivalbereich ist gerade sehr viel in Bewegung. Seit einigen Jahren explodieren die Kosten und immer größere Firmen drängen in den Markt. Von daher wäre ich schon zufrieden, wenn in zehn Jahren alles mehr oder weniger so wäre wie jetzt!